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Die Zitterpartie geht weiter. Obwohl kaum jemand Schalke 04 zu Beginn der Winterpause überhaupt noch den Hauch einer Chance auf den Klassenverbleib eingeräumt hatte, haben sich die Kicker aus dem Kohlenpott überraschend zäh gezeigt und immer wieder vom Tabellenende vorgekämpft.

Zwar können sie noch immer auf einen Abstiegsplatz abrutschen oder in der Relegation landen, aber ehe die Saison nicht endgültig vorbei ist, geben die Königsblauen nicht auf. Platz 15 nach 31 Spieltagen ist ein Ergebnis, das zumindest eine kurze Atempause erlaubt.

Mindestens so sehr wie die Fans zittern auch etliche Kicker, weil das Ergebnis am Ende der Spielzeit 2022/2023 direkt über ihre Zukunft entscheidet.

Zu den Fußballern, für die noch alles in der Schwebe ist, gehört Schalkes Abwehrchef Maya Yoshida. Der langjährige Kapitän der japanischen Nationalmannschaft hat sich in die Herzen der Schalke-Fans gespielt und als einer der zuverlässigsten Kicker im Kader erwiesen. Doch um seinen Vertrag verlängern zu können, muss der Klassenerhalt erreicht werden. Ansonsten heißt es für Yoshida und seine Familie Abschied nehmen von einem Club und einer Region, in der sie sich langfristig niederlassen möchten.

Auch für den erst im Winter zu den Königsblauen gewechselten Abwehrspieler Moritz Jenz steht eine Menge auf dem Spiel. Der eigentlich beim FC Lorient in Frankreich unter Vertrag stehende 24-Jährige wurde von seinem Club erst an Celtic Glasgow und dann Ende 2022 an Schalke 04 ausgeliehen. Hier möchte er bleiben, doch nur wenn sich Schalke in der 1. Bundesliga hält und zudem 4 Millionen Euro Ablöse hinblättert, kann Jenz aufs Kofferpacken verzichten.

Wie wertvoll er sich in kurzer Zeit erwiesen hat, zeigen die Zahlen, die auch bei den Sportwetten zu neuem Vertrauen in den Club geführt haben. In 10 Spielen gingen allein 10 Assists auf das Konto des Innenverteidigers, und mit seiner Verstärkung ist die Abwehr deutlich zuverlässiger geworden. Das möchte er auch in den kommenden Jahren bei dem Gelsenkirchener Traditionsverein unter Beweis stellen. Doch wenn der Abstieg auch für Yoshida und Jenz eine herbe Enttäuschung wäre, können die Fans darauf hoffen, dass ein Abstieg nur kurzfristig wäre. Schließlich hatte sich der Club gerade erst nach einem einjährigen Aufenthalt in der 2. Bundesliga souverän als Zweitligameister zurück ins Oberhaus gespielt.

Ein Auf und Ab, was die Tabellenposition angeht, ist schon seit längerem der Fall. Noch 2017/2018 war Schalke 04 Vizemeister geworden und konnte nur von Rekordmeister Bayern München in Schach gehalten werden. Vizemeister war der Verein außerdem 2009/2010, nur um im Folgejahr auf einem enttäuschenden 14. Platz zu landen und sich ein Jahr später triumphal nach oben und auf den 3. Tabellenplatz zu kämpfen.

Der Abstieg 2020/2021 war der erste in 30 Jahren, so wie sich überhaupt der Verein, der zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga vor knapp 60 Jahren gehörte, immer wieder allen Unkenrufen zum Trotz als Überlebenskünstler in Sachen Klassenerhalt erwiesen hat. Ein Problem sind allerdings die knappen Kassen. Einem Eigenkapital von 110 Millionen Euro stehen rund 180 Millionen Euro Schulden entgegen. Große Sprünge kann sich Schalke 04 nicht erlauben, wenn es um Einkäufe von Spielern geht. Für Jenz gibt es bereits einen an den Klassenverbleib gebundenen Vertrag mit Kaufpflicht, doch etwaige weitere teure Transfers könnten schwierig werden. Bereits verkauft ist Amine Harit, der für eine Ablöse von 5 Millionen Euro im Sommer nach Marseille geht. Alle anderen bereits feststehenden Abgänge sind Ausleihspieler, deren Leih-Ende am 30. Juni 2023 kommt. Trainer Thomas Reis, der sein Amt erst Ende Oktober 2022 angetreten hat und bis zum Sommer 2024 bei Schalke verpflichtet ist, muss sich einiges einfallen lassen, um jeden Euro so effektiv wie möglich einzusetzen.

Dass die Königsblauen selbst unter diesen Umständen den Siegeswillen und die Zuversicht nicht verlieren, haben sie in diesem Jahre bereits mehrfach eindrucksvoll bewiesen.

Von den Spitzenzeiten des Vereins, in denen das Schalker Urgestein Rüdiger „Abi“ Abramczik zum „Flügelgott vom Kohlenpott“ ernannt wurde, ist Schalke 04 allerdings weit entfernt.

Noch heute erinnern sich die Fans an sein Zusammenspiel mit Klaus Fischer, dem „Abi“ maßgeschneiderte Vorlagen lieferte. Das schönste Ergebnis dabei war sein Assist zu dem als Jahrhunderttor gefeierten Fallrückzieher von Fischer in dem mit 4:1 gewonnenen Länderspiel gegen die Schweiz 1977. In die Vereinsgeschichte eingegangen ist auch der bis heute nicht wiederholte Triumph von „Abi“ und Co. im Jahr 1976, als Schalke mit 7:1 gegen Bayern München vom Spielfeld ging.

An derartige Erfolge mag zwar derzeit nicht mehr zu denken sein, aber der Klassenerhalt würde den Schalkern fürs Erste genügen. Noch können sie das schaffen, und die Zitterpartie geht bis zum Ende der Spielzeit weiter.